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Mittwoch, 25. November 2020

Ellenlang ist die Liste der Herrschaftsformen

 Übersicht über Herrschaftsformen

Bezeichnung Herrschaft durch Anmerkungen
Absolutismus ein von Kontrollen losgelöster Monarch Sonderform der Monarchie (siehe dort). Beispiele: Frankreich (Ludwig XIV.), Fürstentümer im Römisch-Deutschen Reich. Absolutistisch regierende Herrscher handelten aus eigener Machtvollkommenheit; Zeitalter des Absolutismus in Europa zwischen 1648 und 1789.
Aisymnetie Schlichter Aisymneten waren in der Antike Schlichter, die Stadtstaaten nach Krisensituationen wiedervereinen sollten, sie besaßen große Machtfülle.
Akephalie („Herrschaftsfreiheit“) höchstens zeitweilige informelle und provisorische Anführer Sozialstruktur ohne dauerhafte Oberhäupter, beispielsweise bei Wildbeuter-Horden von Jägern, Fischern und Sammlern (Hordengesellschaft) oder in segmentären Gesellschaften
Algokratie Rechner (Algorithmen) Die Herrschaft der Algorithmen[2]
Anarchie niemanden Anarchismus bezeichnet einen Zustand der Abwesenheit von Herrschaft.
Androkratie Männer
Aristokratie den Adel bzw. die „Besten In der Regel bezeichnet die Aristokratie die Herrschaft des Adels (auch über einen Senat als Senatsaristokratie), seltener auch eine Priesteraristokratie oder frühbürgerliche Städtearistokratie (Patrizierherrschaft). In sozialistischen Schriften taucht auch der Begriff Arbeiteraristokratie auf. Im übertragenen Sinne findet auch die Bezeichnung Geldaristokratie Verwendung.
Autokratie eine einzelne Person oder Gruppe wörtlich „Selbstherrschaft“, durch sich selbst legitimierte Herrschaft; siehe auch Autokrat
Bürokratie Beamte Anordnung, Kontrolle, Sanktion
Demarchie das Volk demokratische Herrschaftsform, in der Regierung und Volksvertreter durch das Losverfahren und nicht durch Wahlen bestimmt werden; eine Variante der Demokratie
Demokratie das Volk (direkt) bzw. von diesem ausgewählte Mandatsträger (indirekt) direkte oder indirekte Herrschaftsausübung durch das Volk; in der Antike negativ besetzt, siehe Ochlokratie (entartete Form der Demokratie): Herrschaft des Pöbels, des Mobs. Für die verschiedenen Varianten der Demokratie im Detail siehe hier.
Despotismus einen Herrscher totalitäre Herrschaft eines Tyrannen
Diktatur den Befehlenden Zwangsherrschaft durch einen Diktator, eine politische Partei oder eine andere Gruppe. Ausprägung bewegt sich zwischen den Polen „autoritär“ und „totalitär“. Für mögliche Varianten einer Diktatur siehe hier.
Dyarchie zwei gleichberechtigte Personen wörtlich „Doppelherrschaft“
Ecclesiarchie Kleriker
Epistokratie Philosophen nach Platon nicht Herrschaft der Intellektuellen; Kant favorisiert Koexistenz von Herrschern und Philosophen
Expertokratie Experten vgl. Technokratie
Exarchie Bischöfe
Feudalismus Lehnsherren siehe auch Grundherrschaft
Gerontokratie die Alten auch durch den Ältestenrat
Globokratie internationale Regime bzw. Organisationen z. B. UNO, WTO oder noch zu schaffende internationale Organisationen, EU
Grundherrschaft den Grundbesitzer ähnlich wie Gutsherrschaft durch den Gutsbesitzer
Gynarchie Frauen
Häuptlingstum dauerhaft anerkannter Anführer Bindung an ein vererbbares Amt, jedoch zumeist nur eingeschränkte Macht
Hierokratie Priester
Idiokratie Dumme
Infokratie Massenmedien vgl. Telekratie (Problem: Informationsselektion der Medien)
Kakistokratie den Schlimmsten als „Herrschaft der Schlechtesten“ analog zu Aristokratie („Herrschaft der Besten“)
Kleptokratie die Korrupten als Herrschaft derer, die willkürliche Verfügungsgewalt über Besitz und Einkünfte der Beherrschten haben und entweder sich oder ihre Klientel auf Kosten der Beherrschten bereichern
Kommunismus alle gemeinsam Idee einer herrschaftsfreien und klassenlosen Gesellschaft
Korporatokratie Unternehmen politische Ordnungen oder politische Systeme werden von führenden Konzernen, den sogenannten Global Playern, beeinflusst und bestimmt („Konzernherrschaft“)
Kritarchie Richter als unzulässige Herrschaft von Richtern. Insbesondere im Kontext, dass sich Richter willkürlich Verfügungsgewalt über Freiheit, Leben, Besitz und Einkünfte der Beherrschten anmaßen und entweder sich oder ihre Klientel auf Kosten der Beherrschten bereichern.
Kyriarchat einen „Herren, Gebieter steht für miteinander verbundene, interagierende Systeme von Herrschaft und Unterwerfung.
Kyriarchie den Potentaten Einflussnahme eines weltlichen Herrschers auf kirchliche Hierarchien
Matriarchat Mütter/die Älteste in einer von Frauen dominierten Gemeinschaft
Meritokratie verdiente Persönlichkeiten Herrschaft durch Amtsträger, welche aufgrund ihrer Leistung oder ihres Verdienstes ausgewählt wurden, damit es keinen Machtmissbrauch gibt.
Minarchie (Minimalstaat) „Freiheit und das Eigentum jedes Individuums“ Minimale Herrschaftsausübung durch Parlamente; Herrschaft begrenzt auf Justiz, Polizei, Gefängnisse und Streitkräfte
Monarchie eine – oft angeblich von Gott autorisierte – Einzelperson wörtlich „Alleinherrschaft“, durch Erbfolge oder durch Wahlen

(Absolute Monarchie: König kann ohne ständische Vertretung, ohne Parlament und Verfassung regieren; Konstitutionelle Monarchie: König ist einer Verfassung unterworfen; Parlamentarische Monarchie: König ist nur Chef der Exekutive, Parlament ist Legislative)

Monokratie Alleinherrscher, Einen kann sowohl eine legitime Monarchie als auch eine Tyrannei oder Diktatur darstellen und ist somit ein Oberbegriff für diese Herrschaftsformen. Das Gegenteil ist die Polykratie.
Nekrokratie Tote Staatsoberhaupt ist ein Gestorbener
Neopatrimonialismus Günstlingsherrschaft Mischform aus den beiden Weberschen Herrschaftstypen der patrimonialen und der rational-legalen Herrschaft; zwischen Demokratie und Autokratie. Kennzeichen sind Klientelismus, Korruption und Rentenökonomie. Vor allem in der Neuzeit (insbes. in Afrika) verbreitet.
Nomokratie Herrschaft des Gesetzes In einer Nomokratie kann der Herrscher die Regeln (Gesetze) nicht oder kaum verändern.
Oligarchie eine Minderheit/eine eigennützige kleine Gruppe, wörtlich „Herrschaft weniger“ Bei einer Oligarchie herrschen einige, die allerdings nur an ihrem Eigennutz interessiert sind. Sie bildet im Verfassungskreislauf so das Gegenstück zur Aristokratie.
Ochlokratie die Masse/den „Pöbel Im Verfassungskreislauf neben der Demokratie die entartete Form der Politie
Panarchie alle Systeme Trennung von Regierung und Territorium – d. h. in einem Territorium können „alle“ Systeme bestehen
Pantisokratie alle gleichermaßen S. T. Coleridge, R. Southey und R. Lovell nutzten Ende des 18. Jahrhunderts den Begriff als Namen für ihre zu gründende Kolonie in der Neuen Welt. Siehe auch: Utopischer Sozialismus
Paidoarchat Kinder als Nachfolge der Zeitalter des Patriarchats und des Matriarchats[3]
Patriarchat Väter/den Ältesten in einer von Männern dominierten Gemeinschaft
Plutokratie die Reichen Unterform der Oligarchie; Staatsämter sind nur den Reichen zugänglich (auch Plutarchie).
Politie Vernünftige, Besonnene Gemäß Aristoteles im Verfassungskreislauf die beste Form der legalen Herrschaft.
Polyarchie Viele, Mehrere im Gegensatz zur Monarchie
Polykratie Viele parallel Gegenstück zur Alleinherrschaft eines Einzelnen (Monokratie).
Pornokratie Mätressen Beeinflussung der Regierenden durch ihre (offizielle) Geliebte
Ptochokratie die Armen
Sozialismus Herrschaft des Proletariats (Arbeiterklasse) nach Karl Marx und Friedrich Engels (Marxismus) kann und sollte das in einer Partei organisierte Proletariat die Macht erobern, diese Herrschaft des Proletariats (Sozialismus) hat ihre Hauptaufgabe in der Aufhebung des wirtschaftlichen Privateigentums und kann zur klassenlosen Gesellschaft (Kommunismus) führen.
Soziokratie die (gesamte) Bevölkerung keine klare Abgrenzung zur Demokratie bzw. Ochlokratie möglich; schließt jedoch meist auch normalerweise nicht wahlberechtigte Einwohner mit ein.
Stratokratie Militär bürgerliche Regierung mit militärischer Intervention der Streitkräfte
Synarchie von vielen Menschen gleichzeitig Herrschaftsform, bei der die Regierung gleichzeitig von vielen Menschen ausgeführt wird; viele Verschwörungstheorien sehen in Synarchien „Weltregierungen“ wie zum Beispiel die Freimaurer oder den Illuminatenorden. Der Begriff existiert seit dem 19. Jahrhundert.
Synkratie von Vielen Herrschaftsform eines Staates, bei der das Volk beteiligt ist an Gesetzgebung und Regierung, etwa durch Abstimmung oder gewählte Vertreter.
Technokratie Experten-Kommissionen abwertend für Entscheidungen nach Sachzwängen durch Fachleute und Politiker, meist fortschrittsgläubig
Thalassokratie des Meeres Herrschaftsform eines maritim-kommerziell ausgerichteten Staates oder einer Vereinigung von Staaten, die über eine auf der Seemacht beruhende Überlegenheit zur Sicherung ihres Handelsmonopols sowie über eine leistungsfähige Wirtschaft und Handelsflotte verfügen.
Theokratie eine göttlich erwählte Person oder die Priesterklasse wörtlich „Gottesherrschaft“; Herrschaftsform, bei der der Herrschende von seinen Anhängern als göttlich erwählte Person verehrt wird und seine Macht allein religiös legitimiert wird. Siehe auch „Cäsaropapismus“ mit einem weltlichen und geistlichen Herrscher in einer Person
Timokratie die Angesehensten/die Besitzenden wörtlich „Ehrenherrschaft“
Tyrannis einen absoluten Herrscher vorwiegend antike Form der Alleinherrschaft, in welcher der Herrscher gemäß Aristoteles absolut regieren kann.
Xenokratie Fremde „Fremdherrschaft“

So sieht es Wikipedia mit Stand von heute.

Gemeinsam ist jeder Fremdherrschaft das Manko eben der Fremdsteuerung, wie hier beschrieben:

Die demokratischen Illusionen zerplatzen zur Zeit ohnehin wie Seifenblasen.
Interessant ist es doch.
Zeit, endlich, für eine neue Erkenntnis.
  

Freitag, 12. September 2008

Herrschaft und Gemeinnutz

Die Betreiber der Website Deutschland-Debatte streben eine bürgernahe basisdemokratische Verbesserung des politischen Gemeinwesens an. Auf das grundlegende Verständnis von Herrschaft nach den Lehren der alten griechischen Philosophen wird dabei in einem geradezu volksbildenden Beitrag Bezug genommen. Dies ist unabdingbar, um redlich eine Debatte zu führen, welche Herrschaftsform denn wohl die bestmögliche sein mag. Anläßlich dieser Debatte möchte ich darauf hinweisen, daß dabei die Frage nach "Herrschaft überhaupt" in diese Debatte eingebaut, wertvolle Maßstäbe für ein möglichst rechtmäßiges und gelungenes "Wie" liefert. Denn Herrschaft kann nur legitim sein, wenn sie nutzt. Und zwar nicht dem Herrscher, sondern der Sozialordnung.

Ein interessanter Blick zurück in das Weltverständnis,

welches auch für unser Heutiges grundlegend ist. Dabei wissen und verstehen wir heute mehr. Im Informationszeitalter angekommen, verstehen wir Ökonomie und Soziologie heute besser, die Wiener Schule versteht auch die allgemeinere Praxeologie, man weiß um die Gegebenheiten der Kybernetik. Wer nunmehr von Eigenwohl und Gemeinnutz spricht, wird sich heute fragen, woher zum einen die Information zu deren Bestimmung kommt und zum anderen, wie diese Ziele erreicht werden können. Das Eigenwohl vermag der Einzelne sehr wohl für sich bestimmen und erzielen. (Bei gegebener Freiheit/gegebenem in Ruhe gelassen werden und bei möglicher freiwilliger Kooperation sowie mittels Ressourcenkumulation auch leichter schneller und/oder besser.) Wer aber vermag zu entscheiden, was der Gemeinschaft nutzt? Und wie bildet sich welche Gemeinschaft? Auch hier kann nur der Einzelne den Gemeinnutzen artikulieren, aber er bleibt der Einzelne und ist nicht die Gemeinschaft selbst. Geht es um einen Gemeinnutzen, so gibt es kein persönliches Befinden, Empfinden und Erreichen, jeder Ausdruck von Gemeinnutz bleibt Idee, jedes Erstreben von Gemeinnutz geschieht unter den kybernetischen Bedingungen des Regelabstandes, egal ob der Regelnde König, Regierungsdemokrat oder Tyrann ist: Hier bestimmt immer einer für andere, nicht für sich selbst. Oder es bestimmen mehrere für alle (einer wie auch immer gebildeten Gemeinschaft), was aber am Umstand nichts ändert, außer daß die Fremdbestimmung nunmehr total ist.
Trotz der Unterscheidung zwischen Willensbildung und Exekutive bleibt beiden gemeinsam, daß der Gegenstand ein fremder, entfernter ist: Die Personen einer Gemeinschaft, egal ob sie regiert werden oder sich "selbst regieren", bestimmen nicht über sich selbst, sondern über andere. Deshalb gelingt hier Antizipation so oft nicht. Dies gilt schon für die Willensbildung und genauso für die Exekutive. Antizipation gelingt am besten, wenn ich mich auf meine Ziele und mein Eigentum beschränke und wenn ich die Folgen meines Tuns und Lassens selbst trage und verantworte. Es fällt sicher jedem auf, wie wenig es "Politik" gelingt zu erreichen, was sie anstrebt. Aristoteles Präferenz einer Verfassung vor und im Gegensatz zu Demokratie rührt daher, daß sie Herrschaft beschränkt statt ausdehnt. Heute gilt es zu erkennen und infolge zu berücksichtigen, daß die Antizipation der bestmöglichen Verfassung selbst unter den Bedingungen des kybernetischen Regelungsabstandes steht.

Gemeinschaft im Recht

Dies ist auch eine Frage des Rechts: es wird gerne gefordert (ein Unding: Wer ein Recht fordert, ist schon ein Sklave) und oft leichtfertig bloß postuliert. Tatsächlich erkennt Recht die bestmögliche Regelung von Interessenskonflikten. Recht sucht also wesensmäßig gemeinnützig zu sein. Dabei kann es nur vom Einzelnen getragen sein. Die Kraft gelingender Antizipation obliegt dem Einzelnen in Freiheit und Verantwortung. Wer gemeinen Nutzen stiften will, wer Regeln im Recht sucht, wird das Eigenwohl achten, weil die Selbstbestimmung einen Vorsprung im Regelungsabstand gegenüber der Fremdbestimmung hat. Die Ich-Perspektive der Libertären gründet auf Selbsteigentum, welches Sozialisten gemeinhin nicht anerkennen. Der mutmaßliche Grund: Sie wollen den anderen für sich benutzen. Der auf Gemeinschaft ausgerichtete Mensch, der für die gegebenen und gebildeten Gemeinschaften eine rechtmäßige Sozialordnung sucht, kann heute wissen, warum er das Eigenwohl jedes Einzelnen achtet und wie er Gemeinnutzen erreicht. Ein Rechtsstaat als Status des Rechts, als bestmögliche Verfassung befindet sich - ganz im aristotelischen Sinne - im Gegensatz zu einer Demokratie, die immer auch Sozialismus ist. Um die Gründe dafür wissen wir heute vor allem wegen Erkenntnissen aus Kybernetik und Praxeologie. Es wird die Aufgabe unseres 21. und des kommenden 22. Jahrhunderts sein, Möglichkeiten der Verwirklichung dieser Erkenntnisse auszuloten und abzuwägen.

Phänomenal: Jedem Sozialismus seine Soziologie
Treffsicherheit: Antizipation statt Partizipation